A Sweater for Eternity!

Verfasst von: Marc Mühleis
Cliffs of Inishmore
Cliffs of Inishmore  Bild: Golden Demeter
Die Erde wird bekanntlich nicht größer, die Zahl der Menschen, die auf ihr leben aber schon. Beides sind extrem gute Gründe, in Zukunft Dinge zu produzieren bzw. zu kaufen, die einerseits ökologisch nachhaltig, also Ressourcen schonend und anderseits langlebig sind. Doch wann haben Produkte diesen Made-for-Eternity-Appeal? Jedenfalls dann, wenn sie eine gute Geschichte besitzen, aus hochwertigen Materialien bestehen und dabei noch einen fairen Preis haben.

Doch es gilt genau hinzusehen. Nehmen wir beispielsweise die Taschen von Hermès. Keine Frage, und die meisten Frauen dieser Welt geben mir sicherlich recht, die Taschen sind einfach toll. Jahrhunderte alte, bewährte Handwerkskunst, Top Design und eine Geschichte, die vom Pferdesattel bis zur Must-Have-Tasche der Schönen und Reichen dauert. Kleiner Haken: Die Taschen werden leider nicht ausschließlich pflanzlich gegerbt, sondern manche ( je nach Preis) leider auch mit Chrom. Tja, und beim Preis, trotz 13 Stunden Handarbeit und 2600 Nadelstichen, fliegen normalen Frauen immer noch die Ohren weg, von den dazugehörigen Männer ganz zu schweigen.

Aran Sweater Modell: Honeycomb (Bild: Aransweatermarket.com)

Aber da gibt es ja noch diese geheimnisumwobenen Pullover. Happy-to-Wear-Dreams aus unbehandelter irischer Lamb's Wool, um genau zu sein. Wir wissen nicht, was es bisher glücklicherweise verhindert hat, dass diese Wollklassiker nicht auch dem Rad der ungeduldigen Geschichte zum Opfer gefallen sind. Sind es die gefährlichen Klippen und das wilde Meer der westirischen Küste, die ihn so widerstandsfähig gemacht haben? Sind es es die glücklichen Schafe, die auf saftig grünen Weiden, ihre perfekte Wolle gerne den Menschen spenden, um sie zu wärmen gegen das raue Klima? Oder sind es einfach die tollen Menschen dieser westirischen Inselgruppe, mit ihren noch sympathischeren Dickschädeln, die es bisher schafften, dass diese herrlichen ARAN-SWEATERS nicht verschwinden konnten? Vielmehr auch heute noch immer von zumeist weiblicher Hand gestrickt werden. ( in mehr als 320 Stunden mit zum Teil 100.000 Stichen)

Aran Honeycomb, Beige
Aran Sweater Market
Inis Morsw-Thumb
Cliffs Of Inishmore (Bild: Golden Demeter)

Damit auch in Zukunft der Nachwuchs auf den Inseln diese Strickkunst nicht verlernt, gibt es bereits zahlreiche Schulprojekte, die dieses einmalige Handwerk zum erweiterten Unterrichtsfach machen. Denn Aran Sweater haben eine alte Tradition. Bereits vor Jahrhunderten hatten irische Seemanns- und Bauersfrauen ihren Männern diese Pullis gestrickt, mit jenen geheimnisvollen Mustern darauf. Die, so sagt es die Legende, zunächst nur zwei Dinge im Sinn hatten: ihre Männer mit eingestrickten Glückssymbolen wie Honeycombs (Honigwabe), Chevrons ( Winkel), Diamonds oder Coastlines ( Zickzack der Küstenlinien) davor zu beschützen, nicht draußen auf dem wilden Meer zu bleiben. Und falls sie doch umkamen da draußen, und die raue See sich manchmal wieder an Land spülte, so halfen diese Sweater den Witwen wenigstens, ihre Männer besser identifizieren zu können. Denn jeder Clan hat noch heute seine eigenen Stichmuster und Geheimnisse.

Aber auch an Land schützt diese weiche irische Wolle seinen Träger vor Kälte und Wind. Wenn man so will, waren und sind diese Aran Sweaters, Jumpers, Pullovers ganz besondere Liebesbeweise, die seine Besitzer überdies immer irgendwie sexy aussehen lassen. Und wenn man nicht allzu ungesund lebt, dürfte man den Rest seines Lebens an ihnen seine helle Freude haben. Und das für weniger als 100-200 Euro. Und falls es einen doch früher erwischen sollte als geplant, so traurig das auch sein mag, dann haben wenigstens noch die Erben was davon. Weil der Pulli ihnen helfen wird, den Verlust besser zu ertragen. Also so oder so, ein Sweater für die Ewigkeit!

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Artikelsignatur: Marcus Mühleis | Autoren-Ressort: Mrey.reporters.de
10405 Berlin
E-Mail: prenzel2@email.de

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